Märkte (4)
Der  Markt  von  San  Pedro  in  Cusco.  Peru  2017
                In dieser Serie berichte ich über Märkte, die wir auf unseren Reisen kennengelernt
                haben. Nach Dambulla auf Sri Lanka, einem Künstlermarkt in Paris und den
                Souks von Marrakesch geht es diesmal nach Peru. Wie überall auf der Welt
                gibt es Märkte auch in diesem Land. Einer von ihnen hat es uns während unseres
                dreiwöchigen Aufenthalts besonders angetan: der Markt von San Pedro in der alten
                Inka-Hauptstadt Cusco.
 
Zu finden ist er leicht: Von der Plaza de Armas, dem Hauptplatz der Stadt, braucht man nur ein paar hundert Meter zu gehen, und schon hat man den Markt erreicht - oder genauer: die Halle, denn es handelt sich um einen Markt in einem Gebäude. Und um was für einen! Besitzen schon Märkte in Deutschland häufig einen besonderen Erlebniswert für uns, obwohl wir das Warenangebot im Großen und Ganzen kennen, so gilt das natürlich noch mehr in einem solch exotischen Land wie Peru, in dem vieles ganz anders ist. Weshalb man sich Zeit für einen Besuch von San Pedro nehmen sollte. Wer den Markt lediglich als einen weiteren Point of interest im Schnelldurchlauf abhaken möchte, der sollte besser draußen bleiben. Wer sich allerdings auf das Getriebe einlässt, dem präsentiert sich das Land an diesem Ort von einer spannenden Seite. Wir jedenfalls lassen uns auf den Markt ein, machen Entschleunigung zu unserem Bewegungsprinzip und begeben uns neugierig wie kleine Kinder auf den Weg durch die Halle.
Wie groß diese ist, kann ich nicht sagen, denn obwohl das Internet in den meisten Fällen sehr hilfreich ist - hier hat es versagt. Gefühlt ist die Halle so groß wie mehrere Fußballfelder, und was die Zahl der Stände betrifft, so erreicht die - auch das wieder gefühlt - nahezu tausend. Bei den Besuchern handelt es sich zumeist um Einheimische. Für sie ist der Markt da, nicht für uns Touristen, weshalb wir bei unserem Bummel einen authentischen Blick auf den peruanischen Alltag bekommen. Zu sehen gibt es weit mehr, als das Auge auf einmal verarbeiten kann. Besonders auffällig wegen der leuchtenden Farben sind die Stände mit den exotischen Früchten, von denen wir in vielen Fällen nicht einmal den Namen kennen, geschweige denn deren Geschmack. Kartoffeln und Mais gibt es zu kaufen, die zwar einen festen Bestandteil auch unserer eigenen Küche bilden, die es hier aber in einer Vielfalt von Größen, Formen und Farben gibt, die uns staunen lässt. Der Grund dafür: Beide, sowohl die Kartoffel als auch der Mais, stammen aus der "Neuen Welt", zu der Peru gehört, und haben erst nach deren Eroberung seit dem 15. Jahrhundert ihren Weg nach Europa gefunden. Pflanzlichen Ursprungs sind auch die Cocablätter, die an etlichen Ständen angeboten werden - wahlweise frisch oder getrocknet -, die in Deutschland als Rauschmittel gelten und deshalb verboten sind, in Peru aber frei verkauft werden und von denen die Einheimischen so intensiv Gebrauch machen, dass man fast schon von einem peruanischen Grundnahrungsmittel sprechen könnte. Doch auch Fleisch gibt es in dem reichhaltigen Angebot, darunter solches von für uns fremden Tieren wie Alpaccas - einer Lama-Art -, das sowohl frisch als auch getrocknet verkauft wird. Manche Auslagen sind auf eine Weise präsentiert, die für uns sehr ungewöhnlich ist, wie etwa die "ausgeschlachteten" Rinderbäuche, die in Gänze drapierten Schweine oder die Kuhmäuler, die der deutschen Küche zwar durchaus nicht fremd sind, deren peruanische Art der Präsentation sich aber stark von der bei uns üblichen unterscheidet. Gewöhnungsbedürftig sind - und das gilt nicht nur für die Fleischstände - die hygienischen Standards auf dem Markt, die bei uns die Alarmglocken klingeln lassen. Andererseits kann es ganz so ganz schlimm wiederum auch nicht sein, schließlich - so sagen wir uns - hat das peruanische Volk schon Jahrtausende überlebt.
Obst und Gemüse sowie Fleisch machen den größten Teil des Warenangebots auf diesem Markt aus, daneben gibt es aber auch Gebrauchsgüter wie Stoffe, Kleider oder Spielwaren für Kinder. Souvenirs für die Touristen sind ebenfalls im Angebot, doch eher wenige, denn obwohl auch diese Klientel in der Halle unterwegs ist, befindet sie sich eindeutig in der Minderheit. Was gewiss daran liegt, dass die alte Inkahauptstadt so viel zu bieten hat, die Besichtigungsprogramme der meisten Besucher derart vollgepackt sind, dass für so etwas "Banales" wie einen Markt keine Zeit mehr bleibt. Dafür sind die Peruaner um so reger, und da Herumlaufen, Aussuchen und Einkaufen hungrig machen, gibt es für sie eine besondere Abteilung. Garküche reiht sich dort an Garküche, und was an den Ständen zu kaufen ist, wird hier von fleißigen Händen in unterschiedliche Gerichte verwandelt und anschließend von den Kunden verzehrt - mit Mienen, die klar erkennen lassen: Hier schmeckt es. Ein ganz spezielles kulinarisches Highlight suchen wir allerdings vergeblich, und das sowohl an den Ständen als auch in den Garküchen: die Cuy, wie sie in der Landessprache heißen, zu Deutsch: die Meerschweinchen, die einen Bestandteil der peruanischen Küche bilden. Es gibt wohl kaum einen Touristen, der davon nicht schon gehört hätte, wobei die Reaktionen vom "Das muss ich unbedingt probieren!", bis zu einem entsetzten "Wie kann man diese possierlichen Tierchen nur essen!" reichen. Ob es auf dem Mark tatsächlich keine gibt, ob wir nur nicht richtig hingeschaut haben oder ob es vielleicht daran liegt, das Meerschweinchen keine Alltagsmahlzeit, sondern besonderen Gelegenheiten vorbehalten sind? Wie auch immer - selbst ohne Meerschweinchen ist das Angebot noch spannend genug. So spannend, dass ich den Text hiermit beende und die Bilder sprechen lassen will. Bilder, aus denen hervorgeht, dass der Markt von San Pedro für uns Touristen nicht nur ein simpler Lückenfüller ist, sondern ein weiteres Highlight von Cusco.
 
Manfred Lentz (Mai 2018)
 
 
Über Peru gibt es noch mehr Berichte auf meiner Webseite. Auf der Seite
 "Länder" sind sie aufgelistet. 
 
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